Wir wollen auch komplexe Funktionen differenzieren. Da ein Körper ist, können wir formal wie im eindimensionalen reellen Fall Differenzenquotienten bilden. Sei also
offen,
und
fest.
Definition: Die Funktion heißt komplex differenzierbar in
, falls folgender Grenzwert existiert:
.
Äquivalent hierzu: Es gibt ein , so dass
Hierbei ist dann .
Beispiel:
Wie im Reellen zeigt man die Formel für
. Differentiation im Komplexen bringt aber mehr als der reelle Fall. Um dies einzusehen, fassen wir wegen
die Funktion
als Vektorfunktion
auf, d.h. zerlegen in Real- und Imaginärteil:
Differenzierbarkeit im Reellen heißt, dass die Jacobi-Matrix
existiert, so dass gilt:
In (R) ist eine Matrix-Vektor-Multiplikation, d.h.
.
In (C) wird dagegen komplex multipliziert, d.h.
.
Damit also Gleichheit vorliegt, muss notwendig gelten und
. Anders gesagt: Ist
komplex differenzierbar, dann ist
im reellen Sinn differenzierbar und die Funktionalmatrix hat folgende spezielle Gestalt:
.
Wir erhalten folgenden Satz.
Satz: Sei die Funktion im Punkt
komplex differenzierbar. Dann ist die Vektorfunktion
in diesem Punkt reell differenzierbar und in
gilt
und
. Hieraus berechnet sich
.
Beispiel:
Wir erhalten das gleiche Ergebnis wie oben:
Definition: Die Funktion heißt holomorph in
, falls sie in jedem Punkt
komplex differenzierbar und
in
stetig ist. Man nennt
holomorph im Punkt
, falls
in einer Umgebung von
komplex stetig differenzierbar ist.
Bemerkung: Genau wie für reelle Funktionen zeigt man Produkt-, Quotienten- und Kettenregel für holomorphe Funktionen. Der Mittelwertsatz der Differentialrechnung für reelle Funktionen gilt für komplexe Funktionen nicht!
Satz: Die Funktion ist holomorph im Gebiet
genau dann, wenn der Realteil
und der Imaginärteil
von
stetige partielle Ableitungen erster Ordnung in
besitzen, die dort den Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen
genügen. Aus diesen Gleichungen folgt, dass die Determinante der Jacobimatrix gleich ist.
Bemerkung: Man kann zeigen: Ist eine komplexe Funktion in einem Gebiet
holomorph (komplex stetig differenzierbar), dann ist
in dem Gebiet
sogar beliebig oft komplex differenzierbar. Differenzieren wir die erste Gleichung in (CR) nach
, die zweite nach
und beachten wir, dass dank des Satzes von Schwarz die Differentiationsreihenfolge vertauscht werden darf, so erhalten wir
,
und somit
.
Entsprechend rechnen wir:
.
Folgerung: Sei holomorph. Dann genügt sowohl der Realteil als auch der Imaginärteil von
in
der Laplaceschen Differentialgleichung:
.
Die Umkehrung gilt in „einfach zusammenhängenden Gebieten“ . Zu einer Lösung
von
gibt es eine bis auf eine additive Konstante eindeutig bestimmte Funktion
, so dass das Paar
die Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen in
erfüllt. Somit wird durch
eine in
holomorphe Funktion erklärt.
Andreas Kopecky
9 Apr 2013(Leider weiss ich nicht wie alt dieser Artikel ist – falls er outdated ist bitte ich diesen Kommentar zu ignorieren)
Im beispiel f(x) = z^3 hat sich ein Fehler eingeschlichen: der Imaginärteil von f, v(x,y) muss 3x^2y + y^3 lauten. Hier scheint das y im ersten Term verloren gegangen zu sein.
Insgesamt ein sehr guter und verständlicher Artikel! Danke vielmals dafür